Die Arbeitszeiterfassung durch den Arbeitgeber ist in Deutschland Pflicht. Im Arbeitszeitgesetz, das 1994 verabschiedet wurde und seitdem mehrmals angepasst worden ist, werden unter anderem die maximalen Arbeitszeiten, die Arbeit an Sonn- und Feiertagen sowie die Mindestdauer der Ruhezeiten festgelegt. Mit der Arbeitszeiterfassung soll sichergestellt werden, dass Arbeitgeber das Gesetz einhalten und Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ihre täglichen Arbeitsstunden sowie Überstunden korrekt erfassen.
Europäischer Gerichtshof fällt Urteil zur Arbeitszeiterfassung
Nicht immer war es Pflicht, dass laut Arbeitszeitgesetz jede Stunde Arbeit erfasst wird. Im Mai 2019 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Urteil entschieden, dass Arbeitgeber die Arbeitszeiten ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfassen müssen, respektive ihnen ermöglichen müssen, ihre Arbeitszeit zu erfassen. Das Urteil wird begründet mit dem Schutz der Letzteren. Das System, das für die Erfassung der Arbeitszeiten genutzt wird, muss verlässlich, zugänglich und objektiv sein.
Der EuGH verpflichtet die Arbeitgeber zur Zeiterfassung, um die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schützen. Indem die tatsächliche Arbeitszeit aufgezeichnet wird, soll die psychische und physische Gesundheit der Angestellten bewahrt werden. So sollen unbezahlte Überstunden und Ausbeutung vermieden werden. Auf der anderen Seite können Arbeitgeber nun auch leichter diejenigen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ausfindig machen, die ihre vertragliche vereinbarte Arbeitszeit nicht ableisten.
Bundesarbeitsgericht (BAG) bestätigt Pflicht zur Arbeitszeiterfassung
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat im September 2022 bestätigt, dass Unternehmen künftig die Arbeitszeit der Arbeitnehmenden erfassen müssen. Beginn und Ende der Arbeitszeit, ihre Gesamtdauer sowie die Pausenzeiten müssen zwingen protokolliert und erfasst werden. Auch die Überstunden werden laut Bundesarbeitsgericht vermerkt.
Arbeitszeiterfassung und Vertrauensarbeitszeit
Beim Modell der Vertrauensarbeitszeit haben Unternehmen ihren Mitarbeitenden Aufgaben übertragen, die diese verhältnismäßig frei erledigen konnten. Die Arbeitnehmenden selbst waren für die Zeiterfassung bei der Arbeit zuständig (oft in remote work). Allerdings galten auch für sie bereits die Höchstzahl an Arbeitsstunden und die Verpflichtung zur Einhaltung der täglichen Ruhezeiten.
Auch nach dem Urteil des EuGH und innerhalb der Beschlüsse des BAG kann die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung weiterhin den Mitarbeitenden übertragen werden, allerdings sind die Unternehmen verpflichtet, die dafür passenden Systeme zur Verfügung zu stellen. Zudem müssen sie auf die Einhaltung der Ruhephasen und freien Tage ihrer Angestellten, auch bei Vertrauensarbeitszeit, achten.
Arbeitszeiterfassung mit verschiedenen Systemen
Die gesetzliche Pflicht zur Arbeitszeiterfassung bedeutet für Unternehmen, dass sie ihren Mitarbeitenden ein System zur Verfügung stellen müssen, das diese zur Erfassung der Arbeitszeit nutzen können. Je nachdem, wo und wie die Angestellte arbeiten, können diese Systeme unterschiedlich aussehen:
- Bei der Arbeit vor Ort im Unternehmen können sich Mitarbeitende zu Arbeitsbeginn, zu ihrer Pause, zum Ende der Pause und zum Feierabend an einem Terminal zur Zeiterfassung an- und abmelden. Das funktioniert je nach System per Chipkarte, per Fingerabdruck oder mit dem Smartphone. Hier handelt es sich um Weiterentwicklungen der klassischen Stempeluhren, wie sie früher zur Erfassung der Arbeitszeit verwendet wurden.
- Vor allem bei remote work kommen digitale Lösungen zum Einsatz. Die Mitarbeitenden können sich mittels PC, Tablet oder Smartphone anmelden. Auch Apps wurden für diese Zwecke bereits entwickelt, hier gibt es keine gesetzliche Einschränkung, ob digital oder analog, vor Ort oder von unterwegs.
Nicht mehr zeitgemäß, wenn auch noch nicht ganz verschwunden, sind Stundenzettel sowie die Zeiterfassung per Excel-Tabelle. Während Stundenzettel in manchen Fällen noch bei der Projektarbeit oder auch auf dem Bau für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zum Einsatz kommen, nutzen vor allem kleinere Unternehmen noch Excel-Tabellen, um die Arbeitszeit aufzuzeichnen. Allerdings ist diese Lösung fehleranfällig und kann verhältnismäßig leicht manipuliert werden. Insgesamt sind die neueren Lösungen praktikabler und übersichtlicher.