Die Anwesenheitsprämie, die Arbeitgeber ihren Angestellten freiwillig zahlen können, ist eine sogenannte Sonderleistung zum Arbeitsentgelt. Die Prämie wird an diejenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgezahlt, die keine oder nur geringe Fehlzeiten aufweisen. Die Anwesenheitsprämie ist allerdings umstritten.
Anwesenheit wird belohnt: Dafür gibt es Anwesenheitsprämien
Unternehmen können eine Anwesenheitsprämie für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Aussicht stellen, die nicht oder nur selten fehlen. Die Idee dahinter ist es, einen Anreiz zu schaffen, damit die Mitarbeitenden möglichst selten der Arbeit fernbleiben. So werden auch diejenigen Angestellten belohnt, die durch ihre Anwesenheit die Arbeit von öfter fehlenden Kolleginnen und Kollegen auffangen.
Anwesenheitsprämie: Gesetzliche Regelung laut BAG und § 4a EFZG
Es gibt kein direktes Gesetz im Arbeitsrecht für Anwesenheitsprämien. Allerdings legt § 4a des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) fest, dass Vereinbarungen über die Kürzung von Sondervergütungen (also zusätzlich zum Arbeitsentgelt gezahlten Leistungen) auch bei Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Krankheit zulässig sind. Die Voraussetzung dafür ist allerdings, dass diese Kürzung ein Viertel des Arbeitsentgelts, das im jährlichen Durchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt, nicht überschreiten darf. Diese Regelung gilt für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Krankheit.
Es gibt verschiedene wichtige Gerichtsentscheidungen dazu: Das Bundesarbeitsgericht (BAG), zuständig für das Arbeitsrecht in Deutschland, hat etwa entschieden, dass ein freiwillig gezahltes Weihnachtsgeld aufgrund von Krankheit nur dann gekürzt werden darf, wenn die Angestellten vorher davon in Kenntnis gesetzt werden. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) hingegen dürfen Mutterschutzzeiten nicht als Fehlzeiten für Anwesenheitsprämien angerechnet werden.
Zudem muss eine Anwesenheitsprämie für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen schriftlich festgehalten werden. Das ist möglich
- im Tarifvertrag
- in der Betriebsvereinbarung
- im Arbeitsvertrag
Die Prämie kann am Ende des Jahres ausgezahlt werden oder monatlich in Sachbezügen.
Die Anwesenheitsprämie muss versteuert werden
Eine Anwesenheitsprämie zählt, ähnlich wie der Bonus, zum Arbeitsentgelt und muss daher versteuert werden. Überschreiten die Angestellten aber durch den Erhalt der Prämie die Beitragsbemessungsgrenzen der gesetzlichen Versicherungen, ist der Betrag über der Grenze sozialabgabenfrei.
Eine Ausnahme von der Steuerpflicht gilt nur, wenn die Unternehmen die Anwesenheitsprämie monatlich als Sachbezug ausschütten, der die Freigrenze nicht übersteigt. 2023 liegt sie bei 50 Euro. Unternehmen können ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern also beispielsweise Gutscheine im Wert von bis zu 50 Euro im Monat zukommen lassen, ohne dass diese die zusätzliche Leistung versteuern müssten.
Kritik an der Anwesenheitsprämie
Es gibt mehrere Punkte, warum Expertinnen und Experten im Personalbereich die Anwesenheitsprämie, die Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen ausgezahlt wird, kritisch sehen:
- Die Auslobung der Prämie weist auf Misstrauen hin. Arbeitgeber scheinen zu glauben, dass die Abwesenheit und Fehlzeiten ihrer Angestellten auf Faulheit und nicht auf Notwendigkeit beruht.
- Mitarbeitende kommen wegen der Prämie teilweise trotz Krankheit zur Arbeit. Wer aber krank ist, kann sich schlecht konzentrieren und arbeitet langsam und fehlerhaft. Zudem besteht die Gefahr, dass Kolleginnen und Kollegen angesteckt werden. Das wiederum führt zu höheren Krankenzahlen und damit zum Gegenteil dessen, was die Anwesenheitsprämie eigentlich bewirken soll.
- Wer chronisch krank ist, hat keine Möglichkeit, die Dauer seiner Abwesenheit zu beeinflussen – was die Anwesenheitsprämie zu einem Bonus für diejenigen macht, die das Glück haben, gesund zu sein.
Auch Eltern, die ihre häufig kranken Kinder pflegen müssen, oder Ältere, die einfach öfter krank werden als ihre jüngeren Kolleginnen und Kollegen, werden durch die Prämie statistisch benachteiligt.