New Work in Deutschland – Ein geteiltes Bild
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Eldo Hell
Eldo Hell versorgt die Leser:innen im Journal und Glossar mit neuen Inhalten: Was tut sich in der HR-Welt? Wie lässt sich Lohn am besten gestalten? Als studierter Germanist und Philosoph interessieren ihn besonders die gesellschaftlichen Auswirkungen und Möglichkeiten einer progressiven Lohngestaltung.
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New Work in Deutschland – Ein geteiltes Bild

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Es geht erneut um New Work. Es ist in aller Munde und wenn selbst die Tagesschau New Work nicht mehr als “Modewort” sieht, und sich auch von “Kleinbetrieb bis zur Krankenkasse” alle der neuen Revolution am Arbeitsmarkt anschließen, ist New Work wohl vollkommen in Deutschland angekommen. Aber ist es das wirklich? Wo liegt Deutschland im internationalen Vergleich? Sind wir diesbezüglich international Konkurrenz fähig oder weit abgeschlagen wie lange Zeit bei der Digitalisierung?

Was ist New Work?

New Work zu definieren, ist gar nicht so einfach. Allgemein bezeichnet man mit diesem Oberbegriff die gesamten modernen und vor allem flexiblen Formen der Arbeit und der Arbeitsorganisation. Der Begriff wurde dabei schon in den Siebzigerjahren von dem Sozialphilosophen Frithjof Bergmann geprägt und steht heute zusammen mit Next Work und Arbeit 4.0 für die besonders mitarbeiterorientierte Arbeitswelt. Es geht dabei im Kern um Sinnstiftung, Freiheit und Selbstständigkeit. Heute verstehen wir darunter vor allem das digitale und flexible Arbeiten in neuen offenen Bürokonzepten inklusive flacher Hierarchien.

Ziel und Umfang der Studie

Deutschland wird oft belächelt und steht zum Beispiel im Bereich Digitalisierung nur auf Platz 21 in Europa, hinter vielen Ländern mit einer weitaus kleineren Wirtschaftskraft. Doch wie sieht es beim Thema New Work aus? Haben wir aus unseren Fehlern gelernt? Eine neue Studie von der Boston Consulting Group, die dem Handelsblatt vorliegt, soll darüber Aufschluss geben. Die Studie hat 350 Top-Manager aus 47 Ländern, welche auf dem C-Level agieren, befragt. Dabei kamen rund 10 Prozent aus DAX Unternehmen und dem Deutschen Mittelstand. Das Ziel war es laut Sebastian Ullrich, Co-Autor und Partner bei BCG, eine Art Pulscheck bei den Arbeitgebern durchzuführen. 

Wo steht Deutschland im internationalen Vergleich?

Aus der Studie ergeben sich einige entscheidende Erkenntnisse. Im Großen und Ganzen schlagen sich die deutschen Arbeitgeber besser als gedacht. Dabei stellt sich heraus, dass in drei Kernthemen viel Verbesserungspotenzial vorhanden ist und deutsche Unternehmen in drei weiteren oben mitspielen kann.

Kundenfreundlichkeit

International sind laut der Studie 60 Prozent besser, als unsere deutschen Kolleginnen und Kollegen und das liegt vor allem an der schlechten Kundenbetreuung im digitalen Raum. Besonders während Corona hat sich gezeigt, dass die Kommunikation am Kunden vorbeigeht und die Kundenbindung online viele Defizite aufweist. Denn New Work ist anders als viele denken. Nicht nur ein Konzept für interne Belange, sondern auch für die Kommunikation und den Umgang nach Außen.

Arbeitgeberimage

deutschen Unternehmen. Negativ spielen dabei vor allem die DAX Unternehmen in dieses Ergebnis hinein. Die Studie zeigt, dass die Unternehmen die Beziehung zwischen Führungsebene und der einfachen Belegschaft stärken sollten und aufpassen müssen, Talente nicht zu verlieren. Diese suchen nämlich besonders nach einem Unternehmen mit einer Idee bzw. Philosophie und Aufstiegschancen. Dabei helfen oft besonders individuell angepasste Arbeitsmodelle. Deshalb ist die Suche nach Imagemanagern im Moment auf einem Hoch.

Gesellschaftlicher Impact

In diesem Bereich stehen vorrangig die ESG-Kriterien im Vordergrund.  Die hohen Anforderungen an alle drei Bereiche: Ökologie (Environmental), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance). Diese Forderungen erfüllen 57 Prozent besser und dabei sind wie schon so oft unsere skandinavischen Nachbarn und Kanada Vorreiter. Die Autoren der Studien berichten dabei von einigen Defiziten, die aus der eigenen Erfahrung gerade in Deutschland besonders verbreitet sind. Dazu gehören speziell der Schutz der psychischen Gesundheit der Mitarbeitenden und der Nachhaltigkeitsaspekt. Auch beim Thema LGBTQIA+ hören die Berater von BCG noch oft kritische Fragen von Managern aus Deutschland.

Weiterbildungschancen für Mitarbeitende

Dies ist einer der Punkte, indem deutsche Unternehmen punkten können. Es wird viel in die Fort- und Weiterbildung investiert und dies geschieht auch während der Arbeitszeit “on the job”. Das Klischee der direkten deutschen Art, hilft dabei zusätzlich, dass oft die Motivation von den Mitarbeitenden selbst kommt, Abläufe effizienter zu machen. Man merkt laut den Experten, dass wir ein Ingenieur geprägtes Land sind. Dieses ständige Lernen, vor allem mit neuen Technologien, hilft deutsche Unternehmen auf dem Weltmarkt immer noch vorn mitzuspielen.

Neue Technologie

Wie schon im letzten Punkt angesprochen, können unsere Arbeitnehmer nicht nur mit neuer Technologie umgehen, sondern nutzen diese auch. So sind hauptsächlich der Tourismussektor, mit 45 Prozent Onlinebuchungen und das Finanzwesen Vorreiter im weltweiten Vergleich. Der Digital Office Index 2022 vom Digitalverband Bitkom attestiert zusätzlich eine hohe Punktzahl in Sachen Digitalisierung in der Arbeitswelt. Über 40 Prozent der heimischen Unternehmen gehören laut diesem zu den Vorreitern in der Digitalisierung. Das hat sich auch bei der Umstellung aufs hybride Arbeiten in der Coronapandemie gezeigt.

Führungskultur

Zuletzt ein Punkt, bei dem deutsche Unternehmen zwar laut der Studie gut abschneiden, aber die Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen sind. Es sehen sich zwar 62 Prozent der Befragten als Branchenführer, trotzdem muss man sich dabei ehrlich fragen, ob keine Selbstüberschätzung der Top-Manager vorliegt. Auch die Autoren der Studie merken dieses Problem an und sehen die Selbsteinschätzung eher als Wunschdenken. Unabhängig von den Zahlen geht es vor allem um den schmalen Tanz zwischen Kontrolle und Freiheit und wie man ein Team, auch hybrid gut aufeinander einstellt. Besonders diese Skills müssen die Arbeitgeber in Zukunft meistern.

Fazit

deutlich besser da, als es von vielen erwartet wurde. Die Studien von BCG sind aus Erfahrung valide, trotzdem sollte man einige Zahlen mit Vorsicht genießen, da es generell schwer ist, den Stand von New Work zu messen. Lernen können wir aber, dass vor allem der Mittelstand noch oft mit flachen Hierarchien zu kämpfen hat, da dies für viele Arbeitgeber Neuland ist. Oftmals ist auch nur ein begrenztes Maß an Flexibilität und Agilität möglich. Langfristig ist aber klar, dass New Work die Zukunft ist und alle über kurz oder lang ihre Konzepte umstellen müssen. Denn um Mitarbeitende auch in Zeiten von Fachkräftemangel zu halten, muss mit den Trends der modernen Arbeitswelt mitgehalten und der Mitarbeitenden in den Vordergrund gestellt werden.

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