Verfall des Resturlaubs – alles, was Sie wissen müssen
Richterhammer als Symbol für rechtliche Neuregelung zum Verfall des Resturlaubs.
Vivian Elbers
Vivian Elbers ist seit mehreren Jahren als Redakteurin im Benefit-Kosmos tätig. Als angehende Marketing Managerin produziert sie mit ihrer Expertise verschiedene informative Inhalte für das Journal und klärt die Leser:innen über die aktuellsten Themen in der HR-Welt auf.
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Verfall des Resturlaubs – alles, was Sie wissen müssen

Richterhammer als Symbol für rechtliche Neuregelung zum Verfall des Resturlaubs.

Oftmals nehmen viele Arbeitnehmer nicht den gesamten ihnen zustehenden Jahresurlaub in Anspruch und stellen gegen Ende des Arbeitsjahres fest, dass noch Resturlaub offen ist. Diese Situation wirft Fragen darüber auf, was Resturlaub genau bedeutet, wann der Verfall des Resturlaubs droht und wie man am besten mit noch ausstehenden Urlaubstagen umgehen sollte. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Einblick in das Thema „Resturlaub Verfall“, um Arbeitnehmern Klarheit über ihre Urlaubsansprüche zu verschaffen. 

Seit dem 20. Dezember 2022 können Arbeitnehmer sich freuen, denn das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat im Urteil beschlossen, dass Urlaubsansprüche im Grundsatz nicht mehr der Verjährung unterliegen. Resturlaub kann nur noch unter speziellen Bedingungen der Verjährung unterliegen. Diese richtungsweisende Rechtsprechung des BAG zum Verfall des Resturlaubs folgt einer bereits zuvor ergangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), die nun durch das BAG in nationales Recht umgesetzt wurde. 

Was ist Resturlaub?

Der Resturlaub bezeichnet die verbleibenden Urlaubstage, die ein Arbeitnehmer während eines bestimmten Zeitraums, normalerweise im Kalenderjahr, bisher nicht genommen hat. Dieser verbleibende Urlaubsanspruch kann aus verschiedenen Gründen entstehen, beispielsweise wenn der Arbeitnehmer nicht alle Urlaubstage genommen hat oder wenn Urlaubstage aufgrund betrieblicher Notwendigkeiten nicht gewährt werden konnten.

Es handelt sich also um den bislang nicht in Anspruch genommenen, aber arbeitsvertraglich oder gesetzlich zustehenden Urlaub.

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Für wen gilt die Regelung?

Die Regelungen zum Verfall des Resturlaubs und der Urlaubsübertragung gelten in der Regel für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die unter das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) in Deutschland fallen. Das BUrlG regelt die Mindestansprüche auf bezahlten Erholungsurlaub für Arbeitnehmer im Bundesgebiet. Dazu gehören in der Regel alle Beschäftigten, unabhängig von ihrer Position, ihrem Arbeitsvertrag oder der Branche, in der sie tätig sind.

Es ist wichtig zu beachten, dass tarifvertragliche Vereinbarungen oder individuelle Arbeitsverträge zusätzliche Bestimmungen zum Urlaubsanspruch enthalten können. In manchen Fällen können bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern, wie beispielsweise leitende Angestellte, von den Regelungen des BUrlG ausgenommen sein. Daher ist es ratsam, die spezifischen arbeitsvertraglichen Bedingungen und etwaige Tarifverträge zu prüfen, um genaue Informationen über die Urlaubsansprüche zu erhalten.

In Deutschland haben grundsätzlich alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Recht auf bezahlten Erholungsurlaub. Die Regelungen bezüglich des Urlaubsverfalls und der Übertragung gelten, um sicherzustellen, dass dieser Anspruch angemessen wahrgenommen werden kann.

Kann man Resturlaub mit ins neue Jahr nehmen?

Mitarbeitende sind generell dazu verpflichtet, ihren Urlaub bis zum Ende des Kalenderjahres zu nehmen. Prinzipiell ist es nur unter bestimmten Bedingungen möglich, den Urlaub ins nächste Jahr zu übertragen. Dies ist lediglich dann gestattet, wenn zwingende persönliche oder betriebliche Gründe dies rechtfertigen. Sollte die Entscheidung getroffen werden, den Urlaub ins folgende Jahr zu verschieben, muss dieser innerhalb der ersten drei Monate, also bis spätestens zum 31. März, genommen werden.

Hier sind Beispiele für dringende persönliche und betriebliche Gründe: 

Dringende persönliche GründeBetriebliche Gründe 
ArbeitsunfähigkeitTermin- oder saisongebundene Aufträge
Erkrankung von Angehörigen, die gepflegt werden müssen, Technische oder verwaltungsmäßige Probleme im Betriebslauf
Erkrankungen von Lebensgefährten, mit denen der Urlaub verbracht werden sollteBesonders hohes Krankheitsaufkommen im Unternehmen

Im Falle eines Übertragungsgrundes verschiebt sich die zeitliche Begrenzung für den Urlaubsanspruch automatisch vom 31. Dezember eines Jahres auf den 31. März des darauffolgenden Jahres. Ein gesonderter Antrag ist daher nicht erforderlich.

Ausnahmen des Urlaubsverfalls

Es gibt Ausnahmen vom Verfall des Resturlaubs für bestimmte Beschäftigte, wie beispielsweise während des Mutterschutzes oder der Elternzeit. In solchen Fällen kommt es nicht zum Verfall des Resturlaubs und er kann nach der Rückkehr an den Arbeitsplatz nachgeholt werden.

Gemäß dem Bundesurlaubsgesetz verfällt der Urlaub in der Regel, wenn er bis zum Jahresende oder – bei möglicher Übertragung – bis zum 31. März des Folgejahres nicht genommen wird. Allerdings ist zu beachten, dass der Urlaubsanspruch von Arbeitnehmern nach einer EU-konformen Auslegung nur unter sehr strengen Voraussetzungen verfallen kann. Arbeitgeber müssen nachweisen, dass sie ihren Mitwirkungspflichten ordnungsgemäß nachgekommen sind.

Pflicht des Arbeitgebers

Die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in den Urteilen vom 06.11.2018 (Az.: C-619/16 und C-684/16) sowie des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in seinem Urteil vom 19.02.2019 (AZR 541/19) stärkt nun die Schutzrechte der Arbeitnehmer weiter. Demnach darf der Resturlaub nicht mehr ohne Weiteres verfallen.

Arbeitgeber haben die Pflicht, ihre Beschäftigten rechtzeitig schriftlich darauf hinzuweisen, dass der Urlaub bis spätestens 31. Dezember oder – wenn möglich – bis zum 31. März des Folgejahres in vollem Umfang genommen werden muss, da er ansonsten verfällt. Die Beweislast liegt beim Arbeitgeber.

Über den gesetzlichen Mindestanspruch hinausgehende Urlaubsansprüche können durch Arbeits- oder Tarifverträge geregelt werden. Eine tarifliche Übertragung des Urlaubs auf das erste Quartal des Folgejahres kann ohne besondere Gründe festgelegt werden. Ebenso kann das Verfallen von Resturlauben durch eine ausdrückliche Regelung vereinbart werden.

Regelungen beim Verfall des Resturlaubs bei Krankheit

Probleme in Bezug auf die Übertragung von Urlaub und den Urlaubsverfall können auftreten, insbesondere wenn Mitarbeiter langfristig erkranken. Grundsätzlich bleibt der Urlaubsanspruch als Freizeitanspruch erhalten, wenn aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit der Urlaub bis zum Ende des Übertragungszeitraums nicht genommen werden konnte.

Illustration einer Frau, die krank im Bett liegt. Über ihr ist eine Gedankenblase zu sehen, die zeigt, wie sie sich einen Urlaub am Meer vorstellt.

Der Urlaubsverfall nach 15 Monaten bei Langzeiterkrankung wurde durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) und später durch das Bundesarbeitsgericht (BAG) festgelegt. Dies dient der Vermeidung einer übermäßigen Anhäufung von Urlaubsansprüchen über mehrere Jahre für langfristig erkrankte Arbeitnehmer. Die Rechtsprechung besagt, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch spätestens 15 Monate nach Ablauf des entsprechenden Urlaubsjahrs verfällt. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass diese Frist nicht für Fälle der Scheinselbstständigkeit eines Arbeitnehmers gilt.

Die Frage, ob die 15-Monatsfrist auch bei Langzeiterkrankung oder dauerhafter Arbeitsunfähigkeit gilt, wenn der Arbeitgeber seine Mitwirkung versäumt, war bisher ungeklärt. Der EuGH hat diese Frage nun beantwortet: Der Jahresurlaub darf auch bei längerer Krankheit nicht einfach verfallen, wenn der Arbeitgeber seine Mitwirkung versäumt. Das BAG hat seine Rechtsprechung entsprechend den EuGH-Vorgaben angepasst und weiterentwickelt.

Es gibt Ausnahmen für den Urlaubsverfall, insbesondere für Arbeitnehmer im Mutterschutz oder in Elternzeit. Der vor dem Mutterschutz und der Elternzeit bestehende Urlaub verfällt nicht und kann nach der Rückkehr an den Arbeitsplatz nachgeholt werden.

Regelungen der Urlaubstage bei einer Kündigung

Bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses können bisher nicht genommene Urlaubstage verbleiben, die grundsätzlich in Anspruch genommen werden müssen.

Der Umfang des Urlaubsanspruchs variiert je nach dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Regelungen unterscheiden sich für ein Ausscheiden bis einschließlich 30.06. von denen für ein Ausscheiden nach dem 30.06. Weitere Details dazu finden sich im weiteren Verlauf des Textes.

Mitarbeitende, die aufgrund ihres Ausscheidens aus dem Unternehmen ihre verbleibenden Urlaubstage nicht vollständig nehmen können, haben die Möglichkeit, sich das entsprechende Urlaubsentgelt auszahlen zu lassen.

Die Auszahlung des Urlaubs bei einer Kündigung ist eine praktikable Option, wenn Mitarbeitende nur einen Teil ihres Urlaubs in Anspruch nehmen können. In solchen Fällen erhält der Arbeitnehmer für jeden nicht genommenen Urlaubstag beim Ausscheiden aus dem Unternehmen rechtzeitig ein Urlaubsentgelt vom Arbeitgeber.

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Es spielt dabei keine Rolle, welche Seite die Kündigung initiiert hat oder aus welchem Grund das Arbeitsverhältnis endet. Anders ausgedrückt: Die betreffende Person verzichtet nicht auf ihren Anspruch auf die verbleibenden Urlaubstage, selbst wenn sie die Kündigung selbst eingereicht hat.

Gelegentlich kann es vorkommen, dass ein Arbeitgeber aufgrund betrieblicher Erfordernisse nicht darauf verzichten kann, die Dienstleistungen des ausscheidenden Mitarbeiters bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses in Anspruch zu nehmen. In solchen Situationen besteht die Möglichkeit, dem betroffenen Mitarbeiter das Urlaubsentgelt rechtzeitig bei Kündigung zu zahlen, anstatt ihm freie Tage zu gewähren.

Regelungen der Übernahme von Urlaubstagen zum neuen Arbeitgeber

Wenn Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres den Job wechseln, haben sie in der Regel das Recht, bei ihrem neuen Arbeitgeber den noch aus der vorherigen Beschäftigung verbliebenen Urlaub zu beanspruchen. Um sicherzustellen, dass Arbeitnehmer nicht versehentlich ihren Urlaub doppelt geltend machen, schreibt das Gesetz gemäß § 6 Absatz 2 BUrlG vor, dass der vorherige Arbeitgeber verpflichtet ist, eine Bescheinigung über das aktuelle Kalenderjahr auszustellen. Diese Bescheinigung gibt Auskunft darüber, wie viel Urlaub bereits im aktuellen Kalenderjahr gewährt oder finanziell abgegolten wurde. Durch diese gesetzliche Regelung wird eine klare Transparenz geschaffen und dient der ordnungsgemäßen Abwicklung des Urlaubsanspruchs bei einem Arbeitsplatzwechsel.

Regelungen im öffentlichen Dienst

Im öffentlichen Dienst gelten für den Urlaubsanspruch und die Regelungen zum Verfall des Resturlaubs spezifische Bestimmungen. Die genauen Regelungen können jedoch je nach Land und Kommune variieren, da der öffentliche Dienst in Deutschland föderal organisiert ist. Grundsätzlich haben auch Mitarbeitende im öffentlichen Dienst einen gesetzlichen Anspruch auf Erholungsurlaub. Dieser Anspruch wird häufig durch Landes- oder Kommunalrecht sowie durch Tarifverträge für den öffentlichen Dienst (TVöD) oder vergleichbare Tarifverträge geregelt. In Tarifverträgen können spezifische Regelungen zu Urlaubsübertragung, -verfall und Auszahlung enthalten sein.
Im öffentlichen Dienst werden oft Betriebsvereinbarungen oder Regelungen auf Ebene der jeweiligen Dienststelle getroffen, um den Urlaubsanspruch und dessen Modalitäten zu regeln. Auch hier kann es bzgl. Verfall des Resturlaubs Unterschiede geben, abhängig von der Dienststelle und dem zuständigen Arbeitgeber.

Fazit

Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit dem 20. Dezember 2022 betont, dass Urlaubsansprüche im Grundsatz nicht mehr der Verjährung unterliegen. Zusätzlich stärkt das Urteil (AZR 541/19) die Schutzrechte der Arbeitnehmer und somit vor dem Verfall des Resturlaubs.

Resturlaub umfasst die bisher nicht genommenen, aber arbeitsvertraglich oder gesetzlich zustehenden Urlaubstage. Die Regelungen zum Verfall des Resturlaubs im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) gelten generell für alle Arbeitnehmer. Tarifverträge und individuelle Arbeitsverträge können zusätzliche Bestimmungen zum Verfall des Resturlaubs enthalten.

Mitarbeiter sind grundsätzlich verpflichtet, ihren Urlaub bis zum Jahresende zu nehmen, eine Übertragung ins nächste Jahr ist nur unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Beispiele für Übertragungsgründe sind dringende persönliche oder betriebliche Angelegenheiten.

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