Es ist ein Thema, welches gerade im arbeitsrechtlichen Kontext hauptsächlich durch die #Metoo Bewegung Mitte Oktober des Jahres 2017 an großer Aufmerksamkeit gewann. Zahlen belegen, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt: Aus einer Studie aus dem Jahr 2019, in Auftrag gegeben von der Antidiskriminierungsstelle des Bundestags, geht hervor, dass jede 11. erwerbstätige Person am Arbeitsplatz in den letzten drei Jahren sexuell belästigt wurde. Das sind 9 % der Befragten, mehr als doppelt so viele Frauen (13 %) wie Männer (5 %). Damit diese Zahlen, vor allem jetzt nach Corona-Pausen in deutschen Büros, nicht wieder steigen, sieht die Bundesregierung bedarf, mehr für den Schutz gegen sexuelle Belästigung und Gewalt im Arbeitsumfeld zu tun.
Was ist passiert
Ende des letzten Jahres, genauer gesagt am 21.12.2022, ratifizierte die Bundesregierung den Gesetzentwurf des „Übereinkommens Nr. 190“ der internationalen Arbeitsorganisation über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung. Das Übereinkommen Nr. 190 ist eines von vielen Konventionen innerhalb der Internationalen Arbeits- und Sozialstandards (ILO). 187 Mitgliedsländer umfasst die ILO und hat als Ziel internationale, verbindliche Definitionen und Konventionen zu schaffen, um höhere Arbeits- und Sozialstandards in der ganzen Welt zu etablieren. Die Ratifizierung von Übereinkommen Nr. 190, welches erst am 10.06.2019 in Genf beschlossen wurde, gilt für viele Experten als Meilenstein, denn es wird explizit auch von einer geschlechtsspezifischen Belästigung gesprochen. Die Bundesregierung kommt nun ihrem Versprechen aus dem Koalitionsvertrag nach und zieht als 21. Land nach, nachdem unter anderem Italien, Griechenland und Spanien das Übereinkommen bereits ratifiziert hatten.
Was bedeutet das konkret?
Bei den Übereinkommen der ILO handelt es sich um völkerrechtlich bindende Verträge, die nach Ratifikation, das Land rechtlich verpflichten, die festgelegten Mindeststandards einzuhalten. Es ist dadurch also ein rechtlicher Rahmen geschaffen worden. Die Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman kritisierte erst kürzlich erneut die sexuellen Übergriffe am Arbeitsplatz und bezeichnet sie als “real”. Nötig seien laut ihr neue, schärfere Gesetze. Demnach sei es besonders wichtig, dass Frauen in Zukunft 12 Monate, statt der bisherigen 8 Wochen Zeit haben, eine sexuelle Belästigung zu melden. Zusätzlich müsste es die Möglichkeit geben, dass Frauen bei gegebenen Fällen gemeinsam klagen, auch dies ist bis jetzt nur einzeln erlaubt.
Ein weitreichender Schutz vor Gewalt und Belästigung ist das übergeordnete Ziel des Übereinkommens Nr. 190. Jedes Verhalten, das Menschen im Arbeitsumfeld herabsetzt, demütigt, sexuell belästigt oder auch physisch beziehungsweise psychisch angreift, ist verboten und damit auch geächtet. Zudem sollen Meldevorgänge vereinfacht und sicherer werden, wirksame Mechanismen zur fairen Streitbeilegung etabliert werden und ein leichterer Zugang zur Abhilfe in akuten Situation geschaffen werden.
Es bleibt abzuwarten, ob der Ratifikation weitere gesetzliche Anpassung im AGG folgen, wenn dies geschieht, informieren wir als Belonio Team Sie selbstverständlich.