Der Bundesrat hat am 22. November 2024 dem von der Bundesregierung vorgeschlagenen Jahressteuergesetz 2024 (JStG) zugestimmt und damit den Weg für zahlreiche steuerliche Änderungen freigemacht. Das umfangreiche Gesetzespaket bringt bedeutende Neuerungen für Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Unternehmen mit sich. Unsere Steuerexperten Birgitta Bruder und Sven Janßen haben sich der Sache angenommen und geben uns einen umfassenden Überblick über die wichtigsten Änderungen und deren Auswirkungen.
Das Wichtigste in Kürze:
- Der Bundesrat hat am 22. November 2024 das Jahressteuergesetz 2024 (JStG) beschlossen, das zahlreiche steuerliche Neuerungen für Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Unternehmen mit sich bringt.
- Die Freigrenze für Geschenke an Geschäftspartner steigt von 35 auf 50 Euro, während bei betrieblichen Gruppenunfallversicherungen die bisherige Höchstgrenze von 100 Euro für die Pauschalbesteuerung komplett entfällt.
- Für Arbeitnehmer erhöht sich der Sachbezugswert für Mahlzeiten auf 4,13 Euro pro Mahlzeit (2025: 4,40 Euro), und der steuerfreie Höchstbetrag für die betriebliche Altersvorsorge steigt auf 3.624 Euro jährlich.
- Bei Photovoltaikanlagen wird die Steuerbefreiung im Gesetz ausgeweitet: Die maximal zulässige Bruttoleistung wird für alle Gebäudearten auf 30 kW vereinheitlicht.
- Die Kleinunternehmerregelung erfährt ab 2025 grundlegende Änderungen mit neuen Umsatzgrenzen von 25.000 Euro (Vorjahr) und 100.000 Euro (laufendes Jahr).
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Hintergrund und Zielsetzung
Das Jahressteuergesetz 2024 verfolgt mehrere zentrale Ziele:
- Anpassung des deutschen Steuerrechts an EU-Richtlinien und EuGH-Rechtsprechung
- Umsetzung von Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs
- Modernisierung und Digitalisierung des Steuerverfahrens
- Vereinfachung administrativer Prozesse
Jahressteuergesetz 2024: Zeitlicher Rahmen der Umsetzung
Die Änderungen betreffen nahezu alle Steuerarten und haben teilweise erhebliche praktische Auswirkungen für Unternehmen und Privatpersonen. Besonders hervorzuheben sind die Neuregelungen im Bereich der Lohnsteuer, Umsatzsteuer sowie diverse Anpassungen bei der Einkommensteuer.
Die meisten Änderungen treten zum 1. Januar 2025 in Kraft. Einige Regelungen gelten jedoch bereits ab dem Tag nach der Verkündung, also dem 6. Dezember 2024. Für bestimmte Maßnahmen sind auch spätere Starttermine vorgesehen, teilweise bis ins Jahr 2028.
Die wichtigsten Änderungen im Jahressteuergesetz 2024 im Überblick
Geschenke an Geschäftspartner
Die Freigrenze für Geschenke an Dritte wurde von 35 Euro auf 50 Euro angehoben. Dies betrifft den Betriebsausgabenabzug nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 Satz 2 EStG.
Gruppenunfallversicherungen
Eine bedeutende Änderung betrifft die betriebliche Gruppenunfallversicherung: Die bisherige Höchstgrenze von 100 Euro jährlich für die Pauschalbesteuerung von Arbeitgeberbeiträgen entfällt komplett. Arbeitgeber können nun Beiträge zu Gruppenunfallversicherungen in unbegrenzter Höhe mit 20 Prozent pauschal versteuern.
Sachbezugswerte für Mahlzeiten
Der Sachbezugswert für arbeitstägliche Mahlzeiten wurde von 3,80 Euro auf 4,13 Euro pro Mahlzeit erhöht.
Betriebliche Altersvorsorge
Der steuer- und abgabenfreie Höchstbetrag steigt auf 3.624 Euro pro Jahr (302 Euro monatlich).
Ausblick auf 2025
Elektrodienstwagen
Bei Elektrofahrzeugen als Dienstwagen soll der maximale Bruttolistenpreis von derzeit 70.000 Euro auf 95.000 Euro steigen. Diese Änderung ist allerdings noch nicht final verabschiedet.
Betriebliche Altersvorsorge
Der Höchstbetrag für steuer- und abgabenfreie Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge steigt 2025 auf 3.864 Euro pro Jahr (322 Euro monatlich).
Sachbezugswerte für Mahlzeiten 2025
Eine weitere Erhöhung des Sachbezugswerts für arbeitstägliche Mahlzeiten auf 4,40 Euro ist geplant.
Die Übersicht zeigt die wichtigsten Daten und Fakten zum Mahlzeitenzuschuss. Weitere Informationen und viele Beispielrechnungen zum Thema gibt es in unserem Journal.
Wichtige Änderungen im Jahressteuergesetz 2024 für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Vermögensbeteiligungen von Arbeitnehmern
Ab 2024 wird der Anwendungsbereich der Steuervergünstigung nach § 19a EStG erweitert. Künftig können nicht nur Anteile am Arbeitgeberunternehmen, sondern auch an Konzernunternehmen steuerbegünstigt übertragen werden. Voraussetzung ist, dass die Schwellenwerte für alle Konzernunternehmen eingehalten werden und keines davon älter als 20 Jahre ist.
Reform der Kinderbetreuungskosten
Eine deutliche Verbesserung gibt es bei den Kinderbetreuungskosten: Ab 2025 können 80 Prozent statt bisher zwei Drittel der Aufwendungen als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Der Höchstbetrag steigt von 4.000 EUR auf 4.800 EUR je Kind.
Lohnsteuer-Jahresausgleich
Der Arbeitgeber-Lohnsteuer-Jahresausgleich wird bei ausländischen Einkünften ohne inländischen Lohnsteuereinbehalt ausgeschlossen. Auch bei unterschiedlichen Abschlägen für die Pflegeversicherung im Ausgleichsjahr ist kein Ausgleich mehr möglich.
Mobilitätsbudget
In unserem Webinar erklärt Steuerberaterin Birgitta Bruder, warum die im ersten Entwurf ursprünglich geplante Einführung eines Mobilitätsbudgets im finalen Jahressteuergesetz 2024 gestrichen wurde. Stattdessen soll die Bundesregierung Vorschläge für umfassende Vereinfachungen bei Sachbezügen sowie weitere Typisierungen bei Arbeitnehmereinkünften erarbeiten. Alles zum Fahrtkostenzuschuss.
Pauschalbesteuerung
Die Ausübung aller lohnsteuerlichen Pauschalierungswahlrechte erfolgt künftig grundsätzlich durch Übermittlung einer entsprechenden Lohnsteuer-Anmeldung. Bei Lohnsteuer-Außenprüfungen kann das Wahlrecht auch durch schriftliche oder elektronische Erklärung gegenüber dem Finanzamt ausgeübt werden.
Einkommensteuerliche Änderungen im Jahressteuergesetz 2024
Erweiterte Steuerbefreiung für Photovoltaikanlagen (§ 3 Nr. 72 EStG)
Ab 2025 wird die maximal zulässige Bruttoleistung für die Steuerbefreiung vereinheitlicht. Für alle Gebäudearten gilt künftig eine Grenze von 30 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit. Die Gesamtleistung darf weiterhin 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigem nicht übersteigen. Wichtig: Es handelt sich um eine Freigrenze, nicht um einen Freibetrag.
Neue Regelungen zur Gebäudeabschreibung (§ 7a Abs. 9 EStG)
Rückwirkend ab 2023 wird die Vorschrift an die degressive AfA angepasst. Nach Ablauf einer Sonderabschreibung kann die weitere AfA nach dem Restwert und dem maßgebenden Prozentsatz bemessen werden, sofern der Steuerpflichtige bereits vorher degressiv abgeschrieben hat.
Änderungen bei der E-Bilanz (§ 5b Abs. 1 EStG)
Die elektronische Übermittlungspflicht wird ausgeweitet. Ab 2025 müssen Kontennachweise übermittelt werden. Ab 2028 sind auch Anlagenverzeichnis, Anhang, Lagebericht und Prüfungsbericht elektronisch zu übermitteln. Dies gilt für alle steuerlichen Bilanzen.
Reform der Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 2b Satz 2 und 3 EStG)
Aus unionsrechtlichen Gründen wird der Sonderausgabenabzug von Vorsorgeaufwendungen erweitert. Die Ausnahmeregelung gilt nun auch für Renteneinkünfte und Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Bei Bonusleistungen der Krankenkassen gilt ab 2025 eine vereinfachte Regelung: Bis 150 EUR pro Person und Jahr gelten sie nicht als Beitragserstattung.
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Umsatzsteuerliche Neuerungen Jahressteuergesetz 2024
Reform der Kleinunternehmerregelung (§§ 19 und 19a UStG)
Ab 2025 greift eine umfassende Reform: Die Umsatzgrenze bleibt bei 25.000 EUR im Vorjahr, zusätzlich gilt eine Obergrenze von 100.000 EUR im laufenden Jahr. Neu ist, dass auch Unternehmer aus anderen EU-Staaten die deutsche Kleinunternehmerregelung nutzen können. Die Regelung wird als echte Steuerbefreiung ausgestaltet. Kleinunternehmer müssen keine E-Rechnungen ausstellen, aber zum Empfang fähig sein.
Änderungen bei den Steuerbefreiungen
Die Steuerbefreiung für Bildungsleistungen wird neu strukturiert. Die Freistellung gilt für Leistungen von öffentlichen und privaten Bildungseinrichtungen sowie Privatlehrer. Das Bescheinigungsverfahren bleibt bestehen. Die ursprünglich geplante Steuerbefreiung bzw. Freistellung für sportliche Dienstleistungen entfällt.
Neue Regelungen für Leistungsort und Rechnungsstellung (§ 3a Abs. 3 UStG)
Bei kulturellen, künstlerischen und ähnlichen Leistungen wird der Leistungsort neu definiert: Streaming-Angebote werden am Wohnsitz des Leistungsempfängers besteuert. Bei Rechnungen von Ist-Versteuerern muss ab 2028 ein entsprechender Hinweis aufgenommen werden.
Anpassungen bei der Differenzbesteuerung (§ 25a UStG)
Die Differenzbesteuerung für Kunstgegenstände, Sammlungsstücke und Antiquitäten ist ab 2025 ausgeschlossen, wenn der Eingangsumsatz einem ermäßigten Steuersatz unterlag. Kunstgegenstände unterliegen künftig wieder dem ermäßigten Steuersatz.
Weitere wichtige Steueränderungen im Jahressteuergesetz 2024
Grunderwerbsteuer (§ 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG)
Die Definition der Zugehörigkeit eines Grundstücks zum Gesellschaftsvermögen wird neu geregelt. Ein Grundstück gehört der Gesellschaft, die zuletzt einen Grundtatbestand verwirklicht hat. Die Regelung gilt für Erwerbsvorgänge nach Verkündung des Gesetzes.
Erbschaftsteuer (§ 10 Abs. 5 Nr 3 Satz 2 ErbStG)
Der Erbfallkostenpauschbetrag steigt von 10.300 EUR auf 15.000 EUR ab 2025. Bei beschränkter Steuerpflicht werden Nachlassverbindlichkeiten künftig anteilig berücksichtigt. Die Stundungsregelung für Wohnimmobilien wird ausgeweitet und gilt nun für sämtliche zu Wohnzwecken genutzte Grundstücke.
Gewerbesteuer (§ 7 Sätze 8 und 9 GewStG)
Die gewerbesteuerliche Grundbesitzkürzung wird an die tatsächlich als Betriebsausgabe erfasste Grundsteuer gekoppelt. Diese Änderung gilt ab 2025. Bei passiven ausländischen Betriebsstätteneinkünften wird klargestellt, dass diese als in einer inländischen Betriebsstätte erzielt gelten – auch wenn Deutschland bereits nach einem Doppelbesteuerungsabkommen das Besteuerungsrecht zusteht.
Körperschaftsteuer (§ 29 KStG)
Bei Umwandlungen entfällt die Anfangsfeststellung des steuerlichen Einlagekontos für eine neu entstehende Körperschaft. Der übergehende Einlagenkontenbestand wird als Zugang des laufenden Wirtschaftsjahrs behandelt und steht im ersten Jahr nicht für Leistungsverrechnungen zur Verfügung. Bei mittelbarer Organschaft müssen Minder- oder Mehrabführungen auch auf Zwischengesellschaftsebene nachvollzogen werden. Diese Regelung gilt rückwirkend ab 2022. Bei grenzüberschreitenden Hereinumwandlungen entfällt das Feststellungsverfahren für nicht in das Nennkapital geleistete Einlagen. Zudem wurde die verfassungswidrige Regelung zum Halbeinkünfteverfahren korrigiert, die bisher EK 04-Teilbeträge nicht in die Verrechnung einbezog.
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Fazit und Handlungsempfehlungen
Wichtige Fristen und Übergangsregelungen im Jahressteuergesetz 2024
Die meisten Änderungen treten zum 1.1.2025 in Kraft. Einige Regelungen gelten bereits ab dem 6.12.2024, andere erst später:
Zeitpunkt | Änderungen |
---|---|
Ab 6.12.2024 | Viele grunderwerbsteuerliche Änderungen |
Ab 1.1.2025 | • Reform der Kleinunternehmerregelung • Neue Kinderbetreuungskosten |
Ab 1.1.2026 | Aufhebung der Umsatzsteuerlagerregelung |
Ab 1.1.2028 | Neue Rechnungsstellung bei Ist-Versteuerern |
Praxistipps zur Umsetzung
Arbeitgeber und Unternehmer sollten zeitnah:
- Lohnbuchhaltungssysteme anpassen (neue Pauschalierungsregeln)
- Photovoltaikanlagen-Investments unter neuen Grenzen prüfen
- E-Bilanz-Prozesse überarbeiten
- Kleinunternehmerregelung neu bewerten
- Rechnungsvorlagen aktualisieren
Besonderer Handlungsbedarf besteht bei:
- Konzern-Mitarbeiterbeteiligungen
- Kinderbetreuungskosten-Dokumentation
- Anpassung der USt-Prozesse für Streaming-Dienstleistungen
- Überprüfung der Grundbesitzkürzung
Fazit
Das Jahressteuergesetz 2024 bringt umfangreiche Änderungen in nahezu allen Bereichen des Steuerrechts mit sich. Von der verbesserten Regelung bei Mitarbeiterkapitalbeteiligungen über die erhöhte Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten bis hin zur Reform der Kleinunternehmerregelung werden viele Steuerpflichtige von den Neuerungen betroffen sein.
Die gestaffelten Inkrafttreten-Zeitpunkte ermöglichen eine schrittweise Umsetzung, erfordern aber eine sorgfältige Planung. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den relevanten Änderungen und professionelle steuerliche Beratung sind empfehlenswert, um die Chancen der neuen Regelungen optimal zu nutzen.